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Archiv für den Monat Juli 2013

Nachbetrachtung zur Strategieklausur

Am Wochenende fand die „Strategieklausur“ von Wikimedia Deutschland statt. Zuerst: Ich hatte eine völlig andere Veranstaltung erwartet, als die, welche dann stattfand. Erwartet hatte ich die Festlegung der Vereinsziele für die nächsten 3-4 Jahre, um daraus anschließend gemeinsam mit den Mitgliedern und den Communitys den Jahresplan 2014 erarbeiten zu können. Im Vorbereitungspapier zu dieser Klausur war von Leitbildern und Zielen die Rede. Da erstere mich bereits im aktuellen Jahresplan 2013 massiv gestört haben, habe ich in der vorbereitenden Telefonkonferenz vom 11. 06. (Anmeldung nötig) diese Problematik angesprochen:

Steffen weist darauf hin, dass Bedeutung und Unterschiede zwischen Leitmotiven und Zielvorgaben geklärt werden müssen, die beide in der Agenda vorkommen.
Pavel antwortet, dass diese Kritik bereits aufgenommen worden sei. Der von der Geschäftsstelle gerade vorbereitete Vorschlag werde konkretere Ergebnisse als nur Leitmotive vorsehen. Die Geschäftsstelle will darin erklären, in welchem Prozess der Jahresplan 2014 erarbeitet werden soll und welche Art von Input seitens des Präsidiums dafür benötigt wird. Es sei wichtig, dass Präsidium und Geschäftsstelle die gleiche Vorstellung von dem zu gebenden Input haben. Bis wann dem Präsidium der Vorschlag der Geschäftsstelle vorgelegt werden kann sei noch nicht abzuschätzen, am Donnerstag gibt es ein Meeting der Planungsgruppe innerhalb der Geschäftsstelle.

Also ging ich davon aus, dass die schwammigen Leitmotive vom Tisch waren und an konkreten Zielen des Vereins gearbeitet wird.

Auf die Bitte um Input an die Moderatorin eine Woche vor dem Treffen habe ich das auch noch einmal deutlich gemacht:

Ziel: was ist für Dich das Ziel der Klausurtagung
Eine echte Strategie mit klaren Zielen. Das heißt weg mit allen Leitmotiven, weg mit allem Marketing-Sprech, weg mit diffusen und unerreichbaren Leitbildern. Dafür sollen echte, umsetzbare Ziele formuliert werden.

konkretes Beispiel aus dem Jahresplan 2012:
Leitmotiv 1: Communitys im Mittelpunkt
“Grundlage für den Erfolg der Wikipedia, Basis für die Existenz des Vereins Wikimedia Deutschland, wichtigster Faktor in der zukünftigen Entwicklung der einzelnen Wikimedia-Projekte ebenso wie der Akzeptanz der Idee des Freien Wissens in der Gesellschaft, ist die Arbeit der Communitys und der einzelnen Autoren, Unterstützer, Fotografen, Lektoren, Administratoren, Softwareentwickler, Vereinsmitglieder: kurz, aller Wissens-, Zeit- und Geldspender.”

Für mich ist das inhaltsleeres Marketing-Blabla. Ein klares Ziel wäre dagegen: Die Community-Aktivitäten der Wikipedia zu fördern ist das Hauptziel von WMDE. Dafür setzt WMDE 60 % seiner Kapazitäten ein. (Zahl willkürlich gewählt)

Um so überraschter war ich dann auch, als gleich zu Beginn der Klausur deutlich wurde, dass nicht nur die Leitmotive nicht vom Tisch waren, sondern – viel schlimmer – statt dessen die Erarbeitung der Ziele „aus Zeitgründen“ nicht stattfinden sollte. In der Diskussion über die Ziele dieses Wochenendes – die meiner Meinung nach eigentlich vorher abgestimmt wurden – kam dann deutlich zum Vorschein, dass auch das Päsidium in dieser Frage sehr gespalten war. Nach mehreren starken Plädoyers für die Wichtigkeit von Leitmotiven durch verschiedene Geschäftsstellen-Mitarbeiter wurde letztendlich diese Verfahrensweise so festgelegt. Gefühlt war zwar die Mehrheit des Präsidiums nicht damit einverstanden, aber eine Einigkeit bestand wie bereits erwähnt auch dort nicht. Dies führte dazu, dass ich während der ersten Kaffeepause am Samstag Vormittag ernsthaft in Erwägung zog, die Veranstaltung zu verlassen und wieder nach Hause zu fahren. Im Nachhinein bin ich nicht sicher, ob dies nicht doch der bessere Weg gewesen wäre.

Als dann (leider nur sehr kurz) über die inhaltlichen Probleme der Vergangenheit in den Bereichen gesprochen wurde, kam leichte Hoffnung auf eine inhaltliche Debatte in mir auf. Leider war es – zumindest für mich – das aber auch schon an konkreten Punkten für dieses Wochenende gewesen. In der Folge wurde hauptsächlich an Formulierungen für Leitmotive gebastelt. Ich fühlte mich in meinen Erwartungen tief enttäuscht und entsprechend der Telko irgendwie auch nicht respektiert. Spätestens am Sonntag bin ich dann an dem Punkt angekommen, an dem ich zu einer passiven Verweigerungshaltung übergegangen bin. Ich wollte mich einfach nicht mehr an diesem (für mich!) Meta-Blabla beteiligen. Das mag sicher nicht konstruktiv gewesen sein, und die meisten werden das sicher auch nicht toll gefunden haben. Für mich war es einfach Selbstschutz und eine – vielleicht auch die einzige – Möglichkeit, meine Meinung deutlich zum Ausdruck zu bringen ohne mich ständig verbal zu wiederholen und die anderen damit zu nerven.

Wie geht es nun weiter? Keine Ahnung! Die Präsidiumsmitglieder arbeiten bekanntlich rein ehrenamtlich, ohne jede finanzielle Zuwendung, meist neben ihrem Vollzeitjob im normalen Berufsleben. Weitere Treffen wird es in den nächsten Wochen also kaum geben. Wie sollen nun die konkreten Ziele für die nächsten Jahre erarbeitet werden? Und noch wichtiger: Wie der Jahresplan?
In der Zeitleiste der ausgedruckten Tagungsunterlagen steht wörtlich: „30.08. Jahresplanentwurf wird dem Präsidium vorgelegt“. Mein Verständnis von einer gemeinsamen Erarbeitung ist ein anderes. Dafür dürfte es jetzt jedoch einfach zu spät sein – Chance vertan. Dieses Wochenende wäre meines Erachtens genau dafür dagewesen.
Es bleiben nach meiner persönlichen Ansicht nur noch drei Möglichkeiten: Entweder der vorgelegte Entwurf lässt sich nach den Vorstellungen der Präsidiumsmitglieder noch ändern. Es ist aber immer sehr schwer, ein bereits ausgearbeitetes Produkt noch derart umzugestalten. Im letzten Jahr hat dies wohl auch nur zum Teil funktioniert.
Zweite Variante: Ich selbst setze mich hin, und erarbeite einen eigenen (Gegen-)Vorschlag. Das hat bereits bei der Reisekostenordnung nur sehr schwer und nur teilweise funktioniert (da war es für mich eine Art „Notwehr“) und dürfte mein Zeitbudget deutlich überschreiten. Außerdem kann dieses Vorgehen nicht im Sinne der Sache sein.
Bleibt noch die dritte Möglichkeit: Ich werde schlicht den Jahresplanentwurf ablehnen und dagegen stimmen. Das ist aber wieder nicht gerade konstruktiv und dürfte von der Wirkung her auch nichts bringen: Ich gehe fest davon aus, dass der Jahresplan 2014, egal wie er aussehen mag, sowohl im Präsidium als auch auf der Mitgliederversammlung eine Mehrheit finden wird. Schon rein aus pragmatischen Erwägungen.

Alles in allem bleibt mir das Fazit dieses Wochenendes, dass Rechtschreibkorrekturen in Wikipedia-Artikeln (zumindest für mich ganz persönlich!) wohl die konstruktivere Tätigkeit gewesen wäre. Das stimmt mich doch sehr traurig. Vielleicht bin ich ja auch einfach falsch in diesem Gremium, und meine Kandidatur war ein Irrtum. Wie hat unser Vorstand Pavel mal auf einer MV gesagt: Man muss auch das Recht haben zu scheitern. Momentan sehe ich mich bei der Mitgestaltung des Vereins mittels Präsidium deutlich gescheitert.

 
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Verfasst von - 2013/07/08 in Wikimedia